Page 17 - Sommerpfarrbrief 2014
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S So on nn nt ta ag gs ss sc ch hu ut tz z Der Sonntag muss Sonntag bleiben! Wie im Osterpfarrbrief angekündigt, hier nun ergänzend einige sozialpolitische und sozialethische Hinweise zu diesem Thema: Neben den Gewerkschaften sind es vor allem die Kirchen, die für den freien Sonntag kämpfen. Und dabei ist genau bei uns Kirchenleuten der Sonntag alles andere als ein Ruhetag. Wir müssen eben dann „arbeiten“, wann die große Zahl der Menschen frei hat. An diesem Beispiel wird bereits die Problematik dieser „Aktion für den freien Sonntag“ sichtbar. Es geht nicht ohne Sonntagsarbeit! Dennoch – muss es sein, dass es jeden Tag frische Brötchen gibt? Bieten die Markttage wirklich so wichtige Einkaufsmöglichkeiten, die man sonst nicht hätte? Muss man denn vor dem Abflug in den Urlaub noch den gesamten Haushalt auffüllen können? Es gibt genug notwendige Tätigkeiten, über die man nicht diskutieren braucht: im Pflegebereich und der Krankenbetreuung, bei der Feuerwehr, den Ordnungs- und Sicherheitskräften, in der Landwirtschaft, der Gastronomie usw. Aber darüber hinaus müssen viele Marktmöglichkeiten eigentlich nicht sein. Man mutet einer großen Zahl von Frauen und Männern „knechtliche Arbeit“ zu, damit die Masse „schauen und shoppen“ kann. Der einen freie Verfügbarkeit ist der andern harte Arbeit. Es geht in dieser Frage vor allem um eine Wertorientierung: was ist mir wichtiger, mein Einkaufsvergnügen am Sonntag – oder die freie Zeit der Verkäuferin? Warum müssen viele Erwerbstätige mit dem Sonntagszuschlag rechnen, weil ihr Ein- kommen sonst zum Leben zu niedrig wäre? Wenn ein Markt viele Menschen in die Innenstadt zieht, warum müssen oder dürfen dann die Großmärkte am Stadtrand auch geöffnet haben? – In Bayern ist die Zahl der ständig sonntags Arbeitenden seit 1995 bei etwa 0,3 Millionen gleich geblieben, sprunghaft angestiegen aber ist die Zahl der regelmäßig (von 0,7 auf 0,8 Mio) oder gelegentlich (von 1,3 auf 1,8 Mio) am Sonntag Arbeitenden. Das hängt vor allem mit der Zahl von verkaufsoffenen Sonn- und Feiertagen zusammen, die sich in Bayern von 1990 bis 2010 von 1200 auf über 2000 Öffnungen erhöht hat. Die an sich gute staatliche Sonntagsgarantie (zuletzt durch das Bundesverfassungsgericht vom 1.12.2009 bestätigt) wird leider durch viele von den Kommunen gestattete Ausnahmen unterlaufen. Dem können wir nur begegnen, indem wir den Sonntag möglichst konsumfrei halten. Dr. Franz Gasteiger, Pfarrer Pfarrbrief Pfarrverband Neuching-Ottenhofen August / September 2014 Seite 17
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